Stone age minds in a digital world – Evolutionspsychologische Perspektive auf die digitale Welt

Science & Technology
Dienstag, 6. Mai 2014 - 12:30 bis 13:00
stage C
Beginner
Deutsch
Vortrag

Kurzthese: 

Unser (digitales) Handeln ist nicht immer rational: lässt uns unser Smartphone hängen, sind wir wütend; wir verlieben uns in Fake-Profile; wir klicken unbedacht durchs Netz. Obwohl wir es doch eigentlich besser wissen... All das ist nicht logisch, aber vielleicht psycho-logisch? Wir vermuten: ja! Erklärungen finden wir, wenn wir weit zurück in die Menschheitsgeschichte blicken: Der Mensch ist ein Produkt der Evolution und damit auf digitale Medien einfach nicht optimal vorbereitet. Unser “stone age mind” reagiert so wie es sich bewährt hat – damals, in einer nicht-digitalen Welt.

Beschreibung: 

"Into The Wild”. Das Motto der diesjährigen re:publica spielt an auf die jüngsten Veränderungen der (digitalen) Welt, auf die Enthüllungen Snowdens, vielleicht auf einen Lösungsansatz. Aus unserer Perspektive lädt es auch ein, einfach mal andersherum zu fragen: Waren wir wirklich jemals “out of the wild”? Betrachten wir es nüchtern: Rationalität ist oft nicht unsere allergrößte Stärke. Denken wir an (digitale) Medien. Irgendwie fällt es unser schwer, die Risiken der digitalen Welt einzuschätzen und (digital) angepasst zu reagieren. Wir verhalten uns online riskanter als offline, übersehen Sicherheitsrisiken, geben achtlos Informationen preis. Es scheint dass der Fall Snowden daran wenig ändern wird – zumindest nicht für die breite Masse der Internetnutzer. Warum das so ist? Wir versuchen eine Annäherung in drei Schritten.

“Out of the wild”. Die Evolutionspsychologie betrachtet den Menschen (Körper und auch Gehirn) als Produkt der Evolution. Vor diesem Hintergrund versuchen wir, menschliches Erleben und Verhalten zu erklären – auch das aktuelle und das digitale. Wobei „survival of the fittest“ in diesem Kontext eben „Anpassung“ meint. Anpassung an die Welt unserer Vorfahren, eine Welt von Jägern und Sammlern, die Jahrmillionen zurückliegt und in der es bekanntlich keine digitalen Medien gab.

“Wild nature's release”. Unsere heutige Welt unterscheidet sich von der unserer Vorfahren in vielerlei Hinsicht. Trotzdem beeinflussen uns auch heute die evolutionär bewährten Denk-, Fühl- und Verhaltensstrategien. Was auf uns menschlich oder zumindest lebendig wirkt, kann keine Maschine sein! Anders formuliert: Interaktiv anmutendes Verhalten interpretieren wir als intentional. Heute sind aber auch Computer interaktiv und lösen damit soziale Reaktionen bei uns aus. Logischerweise sind Computer keine Menschen! Psychologisch gesehen erleben wir Rechenmaschinen aber als soziale Akteure – und verhalten uns dann auch so.

“Wild at heart”. Evolutionspsychologisch bilden Zivilisation und Kultur keineswegs einen Widerpart zur menschlichen Natur. Unser Credo: Culture by Nature. Wie das Netz zur Spinne und der Bieberdamm zum Bieber gehört, so gehört zur Biologie des Menschen eben auch die (Netz-)Kultur. Sie ist entlang unserer Biologie geformt, orientiert an unseren biologischen Anforderungen.

Unser Online-Verhalten ist vielleicht gar nicht so unlogisch, wenn wir bedenken, wer wir eigentlich sind und wo wir herkommen: „stone age minds in a digital world“.

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